Das LEGO Kolosseum 10276

Das Kolosseum (10276) war das zum Zeitpunkt seines Erscheinens im Jahr 2020 mit 9.036 Teilen das bis dahin größte Set das LEGO je veröffentlicht hat. Im Jahr 2021 wurde ihm dieser Rang von der Titanic (10294) mit 9.090 und dem Weltkarten Mosaik (31203) mit sogar 11.695 Teilen abgelaufen. Wobei man sicher davon ausgehen kann, dass auch dieser Rekord früher oder später gebrochen wird. 

Da es sich bei diesem Set um den Nachbau eines historischen Bauwerkes handelt, denke ich, dass es ein guter Einstieg ist, zunächst etwas über das reale Vorbild zu sagen, anschließend das Modell von LEGO mit dem Original zu vergleichen und zum Abschluss auf das Modell selbst und den Bau einzugehen.

Die Geschichte des Kolosseums

Nero römischer Kaiser 54-68 n.Chr

Nero römischer Kaiser       54-68 n.Chr

Der Bau des Kolosseums begann vermutlich im Jahre 72 n. Chr. Unter dem römischen Kaiser Vespasian. Sein Vorgänger Nero hatte den Brand Roms im Jahre 64 n.Chr. bzw. Teile der dadurch freigewordenen Baufläche in der Stadtmitte Roms dazu genutzt, sich einen selbst für römische Verhältnisse extravaganten Palast namens Domus aurea (goldenes Haus) mitsamt gigantischen Parkanlagen bauen zu lassen. Auf dem Baugrund auf dem wenige Jahre später das Kolosseum entstehen sollte, wurde zu dieser Zeit ein künstlicher See als Teil des Palastgartens angelegt. Nachdem allerdings Neros Regierungszeit im Jahre 68 n. Chr. sehr abrupt endete, kam es zunächst zu einem sehr ausgeprägten Machtkampf um die Nachfolge, wie es bei den Römern bei einer mehr oder weniger zweifelhaften Nachfolgesituation stets üblich war und nach drei Kurzzeitkaisern und ein paar Usurpatoren (Personen die nur in einer bestimmten Region als Herrscher anerkannt wurden), kam im Jahr 69 n. Chr. Vespasian an die Macht. 

Vespasian römischer Kaiser 69-79 n.Chr

Vespasian römischer Kaiser 69-79 n.Chr

Da der überdimensionierte Palast beim Volk äußerst unbeliebt war (mit Parkanlage bedeckte er wohl rund 80 bis 100 Hektar und das mitten im Zentrum der damals größten Stadt der Welt) beschlossen Vespasian und seine Nachfolger große Teile des Palastes wieder als Bauland insbesondere für eigene prestigeträchtige öffentliche Gebäude zu nutzen. So ließ wie bereits erwähnt Vespasian den künstlichen See trockenlegen um an dieser Stelle das Kolosseum zu errichten. Auch die palasteigenen Thermen wurden zu einer öffentlichen Badeanlage umgebaut (Titus Thermen).

Der Bau des Kolosseums ging aus heutiger Sicht extrem schnell voran. Nach nur acht Jahren Bauzeit wurde das neue Wahrzeichen schon im Jahre 80 n. Chr. eröffnet. Für Vespasian wurde es allerdings trotzdem zu spät fertig, da er bereits ein Jahr zuvor gestorben ist. Darum eröffnete sein Sohn und Nachfolger Titus das Kolosseum. Der offizielle Name des Bauwerkes lautet Amphitheatrum Flavium, was soviel bedeutet wie das Amphitheater der Familie Flavius. Hierzu muss gesagt werden, dass die Herrscher von Caesar bis Nero alle mit der Familie der Julier verwandt waren. Die letzten aus dieser Reihe jedoch nur noch um ein dutzend Ecken. Vespasian und Titus hingegen stammten aus der Familie der Flavier und wollte diese Tatsache auch mit der Namenswahl ihres Monumentalbaus betonen und verewigen. Der Versuch den Familiennamen durch das Bauwerk in Erinnerung zu halten, ging allerdings schief. Nero hatte für seinen überdimensionierten Palast auch eine dazu passende Bronzestatue seiner selbst, die wohl gute 30 Meter hoch war, anfertigen lassen. Nach seinem eher unrühmlichen Ende, wurde diese Staue umgestaltet um den Sonnengott Sol darzustellen und in der Regierungszeit Hadrians 117-138 n. Chr. auf dem Vorplatz des Kolosseums aufgestellt. Im Laufe der Zeit hat sich dann die Bezeichnung Colossus für die Statue auch auf das nahegelegene Amphitheater ausgedehnt.

Titus römischer Kaiser 69-72 n.Chr

Domitian römischer Kaiser 81-96 n.Chr

 

Odoaker Ostgotenkönig und Herrscher Italiens 476-493 n.Chr

Odoaker Ostgotenkönig und Herrscher Italiens 476-493 n.Chr

Das Kolosseum wurde in der Folgezeit noch etwas ausgebaut, insbesondere die Keller unter der eigentlichen Arena (das sogenannte Hypogeum) wurden erst einige Jahre später vermutlich von Domitian, dem zweiten Sohn des Vespasian und Nachfolger des Titus hinzugefügt. Ansonsten blieb es mehrerer Jahrhunderte lang relativ gleichbleibend in Betrieb. Natürlich waren auch beim Kolosseum von Zeit zu Zeit mehr oder weniger aufwendige Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen notwendig. In der Spätantike begann jedoch der bauliche Zustand zunehmend marode zu werden. Die letzten bekannten Reparaturmaßnahmen wurden wohl von dem Ostgotenkönig Odoaker (Regierungszeit als Herrscher Italiens 476-493) veranlasst. In der Folgezeit verfiel das Kolosseum zusehens. Zum einen wurde es durch die immer wieder auftretenden Erdbeben beschädigt, den größten Schaden verursachte allerdings die Nutzung als Steinbruch im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Insbesondere der äußerste und höchste Mauerring ist auf diese Weise in etwa zur Hälfte abgetragen worden. Im 18. Jahrhundert wurde das Kolosseum vom damaligen Papst Benedikt XIV (Regierungszeit 1740-58) zur Märtyrerstätte erklärt und die Nutzung als Steinbruch damit als Entweihung angesehen. Durch diese Maßnahme wurde zwar die weitere Zerstörung unterbunden, allerdings ist die Rolle des Kolosseums bei den Christenverfolgungen eher zweifelhaft. Bei der bekanntesten Christenverfolgung unter Nero kann es keine Hinrichtungen im Kolosseum gegeben haben, weil es zu diesem Zeitpunkt schlicht und ergreifend noch überhaupt nicht gestanden hat. Auch bei den späteren Verfolgungen Insbesondere unter Decian, Valerian und Diokletian, sind keine zeitgenössischen Berichte erhalten, die die Nutzung des Kolosseums zur Hinrichtung von Christen bestätigen. 

Überreste des Hypogeums

 

 

Papst Benedikt XIV Regierungszeit 1740-1758

Papst Benedikt XIV Regierungszeit 1740-1758

Nach der Erklärung zur Märtyrerstätte, begann man auch bald damit, den baulichen Zustand des Kolosseums zu sichern. Es wurden zwar keine Wiederaufbaumaßnahmen ergriffen, allerdings wurde versucht den Istzustand zu erhalten. Grund hierfür war auch der in dieser Zeit deutlich zunehmende Tourismus, ausgelöst durch die große Begeisterung für die Antike Welt, die weite Teile der intellektuellen Oberschicht Europas erfasst hatte. Dadurch, dass nun mit den Überresten aus der Antike Geld verdient werden konnte, wurde es plötzlich auch rentabel, diese Überreste zu erhalten. Dass dieser Trend bis heute anhält, lässt sich schon allein daran erkennen, dass es wohl kaum ein Kolosseum aus LEGO Steinen gäbe, wenn dem nicht so wäre. Im Übrigen war der Eintritt ins Kolosseum in der Antike kostenlos. Erst im 19. Jahrhundert wurde für die Besichtigung der Ruinen Eintrittsgelder eingeführt.

Aufbau des Kolosseums

Nach diesem groben Überblick über die Geschichte des Kolosseums, soll nun der Aufbau des Gebäudes auch hinsichtlich der Frage, wie diese Struktur im LEGO Modell wiedergegeben wird, betrachtet werden. Das dominierende Bauelement des Kolosseums ist der Rundbogen. Der grundlegende Aufbau ist dabei erstaunlich einfach und wird auch vom LEGO Modell sehr schön wiedergegeben.

Zunächst einmal gibt es mehrere ineinander liegende Ovale Mauerringe. Diese Ringe werden von innen nach außen immer höher. Diese Mauerringe sind dabei durch Rundbögen durchbrochen. Die niedrigen inneren Mauern durch eine Bogenreihe, die höheren Mauern weiter außen durch zwei und die eigentliche Außenfassade, die nur noch zur Hälfte erhalten ist, sogar durch drei übereinander liegende Bogenreihen. Im Raum zwischen diesen Mauerringen sind zahlreiche Verbindungsmauern angebracht. Die Oberseite dieser Mauern weisen eine Schrägung auf, mittels der der Höhenunterscheid zwischen der niedrigeren inneren und der höheren Außenmauer überbrückt wird. Auf diesen Verbindungsmauern ruhten die Tribünen. Auch diese Mauern waren wiederum mit Rundbögen versehen. Diese Konstruktionsweise mit unzähligen Bögen hatte dabei gleich mehrere wichtige Gründe. Zum einen spart man durch Bögen Baumaterial, wodurch schneller und günstiger gebaut werden konnte. Noch wichtiger ist allerdings, dass durch die zahlreichen Bögen die gesamte Konstruktion sehr offen ist, was es überhaupt erst ermöglichte, die gewaltigen Menschenmengen schnell und sicher von den Eingängen über die Treppenhäuser zu ihren Plätzen und zurück zu bringen. Daneben dürfen aber auch ästhetische Gründe nicht gänzlich vernachlässigt werden. 

Grundriss des Kolosseum teilweise mit Ansicht des inneren Aufbaus

Grundriss des Kolosseum teilweise mit Ansicht des inneren Aufbaus

Insbesondere bei der äußeren Fassade wurden die Bögen sehr dekorativ mit Halbsäulen zwischen den einzelnen Bögen und Statuen, die in den oberen Säulenreihen aufgestellt wurden, gestaltet. Die unterste Säulenreihe diente hingegen als Eingänge ins Kolosseum. Die rein dekorativen Halbsäulen wurden dabei je nach Stockwerk in einer anderen Säulenordnung ausgeführt. Das unterste Stockwerk wurde mit dorischen, das mittlere mit ionischen und das obere mit korinthischen Säulen versehen, wobei die dorischen Säulen entgegen dem klassischen griechischen Typus hier einen Sockel aufweisen. Dies ist jedoch keine alleinige Besonderheit des Kolosseums, sondern wurde bei den Römern oft so gehandhabt. Beim LEGO Modell wirken vor allem die ionischen Säulen sehr geglückt, da die typischen ionischen Säulenkapitelle durch die dunkel-beigen Rollschuhe sehr schön nachgebildet wurden. Die in Wirklichkeit recht aufwendigen korinthischen Kapitelle, konnten hingegen nur durch zwei übereinander gebaute  kleine Rundplatten angedeutet werden. Bei den dorischen Säulen wurden die Kapitelle nur durch eine kleine Rundplatte dargestellt, auf die direkt der  Abakus (die quadratische Platte oberhalb der Säule) folgt. Bei der äußeren Fassade befindet sich oberhalb der drei Bogenreihen noch ein weiterer massiv gemauerter Abschnitt, der lediglich durch regelmäßige Fensteröffnungen unterbrochen wird. Auch dieser wird im LEGO Modell sehr schön wiedergegeben.

Die drei verschiedenen Säulenordnungen im Kolosseum unten dorisch, mittig ionisch und oben korinthisch

Die drei verschiedenen Säulenordnungen im Kolosseum unten dorisch, mittig ionisch und oben korinthisch

Dorische Säulen beim LEGO-Kolosseum im unteren Bogengang

Dorische Säulen beim LEGO-Kolosseum im unteren Bogengang

Ionische Säulen bei LEGO Kolosseum im mittleren Bogengang

Ionische Säulen bei LEGO Kolosseum im mittleren Bogengang

Korinthische Säulen im oberen Bogengang

Korinthische Säulen im oberen Bogengang

Beim Baumaterial für das Kolosseum gingen die Römer in erster Linie wirtschaftlich vor. Zwar wurde erhebliche Teile des Kolosseums aus teurem Travertin gebaut, bei nicht so sichtbaren Bauteilen verwendete man jedoch auch oftmals die erheblich günstigeren Ziegelsteine oder Tuffstein. Auch der römische Beton (opus caementitium) kam zum Einsatz. Insbesondere die Ziegelwände waren in der Antike verputzt. Daneben war das Kolosseum damals auch zumindest teilweise gestrichen bzw. bemalt. Von den Tribünen im Inneren des Kolosseums sind nur verhältnismäßig geringe Überreste erhalten. Im Vergleich zur Fassade (zumindest der einen Hälfte, die nicht abgetragen wurde) ist der Erhaltungszustand im Inneren deutlich schlechter, was vor allem am vermehrten Einsatz günstigerer Baumaterialen für den Innenausbau gegenüber der Fassade liegen dürfte. Insbesondere der obersten Tribünenabschnitt ist, da dieser aus Holz bestand, quasi restlos verschwunden.

 

Auch heute noch kann man in der Regel ganz gut erkennen, an welchen Stellen welches Baumaterial verwendet wurde. Während der Travertin normalerweise hellgrau erscheint, an Stellen an denen er stark der Witterung oder sonstigen schädlichen Faktoren ausgesetzt ist, kann er auch stark nachgedunkelt sein, erscheinen die Ziegelsteine in einem eher gräulichen rot. Das LEGO Modell ist hingegen größtenteils in beige mit gelegentlichen Farbvarianten in dunkelbeige, insbesondere im Bereich der Tribünen und der Säulen gehalten. Bei den Tribünen ist diese Farbgebung durchaus dem Original entlehnt, da die Tribünen durch den Einsatz von opus caementitium teilweise sehr dunkel sind. Die Verwendung dunkelbeiger Teile bei der Fassade beruht hingegen nicht auf dem Original. Die gelegentliche Verwendung von grauen Elementen, insbesondere bei den Kugelgelenken zur Verbindung der einzelnen Bausegmente, wirkt dabei aus meiner Ansicht etwas ungewöhnlich. Eine Unterscheidung zwischen den aus Travertin und den aus Ziegelsteinen errichteten Bauabschnitten ist dementsprechend beim LEGO Modell nicht möglich.

Größtenteils erhaltene Nordfassade mit Halbsäulen

Größtenteils erhaltene Nordfassade mit Halbsäulen

Historische Aufnahme der Südfassade mit dem 1936 abgerissenen Sockel der Kolossalstatue rechts vorne

Historische Aufnahme der Südfassade mit dem 1936 abgerissenen Sockel der Kolossalstatue rechts vorne 

Nun stellt sich natürlich auch die Frage, inwieweit das LEGO Modell dem Original nahekommt. Natürlich kann ein Modell im Maßstab von etwa 1:330 nicht jedes Detail originalgetreu wiedergeben. insbesondere da die verwendeten LEGO Steine auch im Verhältnis zu den Steinen aus denen das Original besteht deutlich größer sind. Daneben sind naturgemäß LEGO Steine in ihrer Form und ihrer Verbaubarkeit limitierter als Bauteile die fürs Originalbauwerk als Einzelstücke gefertigt wurden. Abgesehen von diesen grundsätzlich unumgänglichen Schwierigkeiten macht das LEGO Kolosseum seine Sache im Großen und Ganzen recht gut. Die Unterscheide bei der Farbgebung wurden ja bereits erwähnt. Allerdings ist meiner Ansicht nach hier die Abweichung vom Original durchaus zu begrüßen. Die Farbgebung in beige erscheint für das Modell sehr passend. Würde das Modell das Kolosseum in dem Zustand zeigen, wie es vor knapp 2000 Jahren ausgesehen hat, wäre auch eine Farbgebung in weiß denkbar. Für ein bereits zur Ruine gewordenes Kolosseum erschiene hingegen die weiße Farbe unpassend. Die beige Farbe ist meiner Meinung nach auch einer Ausführung in Hellgrau vorzuziehen. Wobei ich in diesem Fall eine Ausführung in altem Hellgrau noch passender fände, als in neuem Hellgrau. Die Akzentuierung beispielsweise der Säulen in dunkelbeige ist zwar nicht durch die Farbgebung des Originals zu begründen, allerdings wird durch die andersfarbigen Zierelemente die Fassade interessanter gestaltet, ohne dabei den Eindruck des Originals zu schmälern. Etwas unpassender finde ich hingegen den gelegentlichen Einsatz von dunkel- und hellgrau, insbesondere bei den Kugelverbindungen. Der recht massive Sockel des Modells aus dunkelgrau hingegen, ist für das Modell sehr passend. Die Notwendigkeit für einen solchen ungewöhnlich dicken Sockel ist in der Tatsache begründet, dass das Hypogeum unter dem eigentlichen Arenaboden ebenfalls dargestellt werden soll und dieses sich unterhalb des äußeren Straßenniveaus befindet, was nur dadurch möglich wurde, indem man das Bodenniveau auf der Außenseite des Modells durch einen dicken Sockel erhöht. Gleichzeitig lässt dieser Sockel das ganze Modell aber auch recht hochwertig wirken und der sichere Transport, ohne dass man Angst haben muss, dass etwas auseinanderfällt oder abbricht, wird dadurch ebenfalls gewährleistet. Da die südliche Fassade des Kolosseums im Laufe der Jahrhunderte abgetragen wurde, ist auf dieser Seite relativ viel Platz auf dem Sockel. Dieser Raum wurde mit einigen Bäumen und kleinen Autos gefüllt. Damit sollte wohl zum einen die im Vergleich zur weitgehend intakten Nordfassade mit den erhaltenen Säulen und Zierrat eher unspektakuläre Südseite aufgehübscht werden. Zum anderen als eine Art Vergleichsmaßstab dienen, mit dem gezeigt werden soll, wie groß das Kolosseum tatsächlich ist. Darüber hinaus wird auch noch mittels einiger kleiner Rundplatten der Verlauf der nicht mehr existenten Südfassade angedeutet. 

Nordfassade beim LEGO Modell mit dunkelbeiger Akzentuierung der Säulen

Nordfassade beim LEGO Modell mit dunkelbeiger Akzentuierung der Säulen

Hypogeum beim LEGO Modell

Hypogeum beim LEGO Modell

Heutige Südfassade nach dem Abbruch der eigentlichen Fassade im Mittelalter. Im Vordergrund stilisierte Bäume und Autos, sowie die Markierungen für denVerlauf der abgebrochenen Südfassade

Heutige Südfassade nach dem Abbruch der eigentlichen Fassade im Mittelalter. Im Vordergrund stilisierte Bäume und Autos, sowie die Markierungen für denVerlauf der abgebrochenen Südfassade

Innenansicht des obersten Bogenganges und der darüberliegenden massiven Konstruktion mit Fenstern. Die ehemaligen Holztribünen sind nicht erhalten

Innenansicht des obersten Bogenganges und der darüberliegenden massiven Konstruktion mit Fenstern. Die ehemaligen Holztribünen sind nicht erhalten

Überreste der Tribünen der aus Stein errichteten unteren Ränge und Teilen des Hypogeums

Überreste der Tribünen der aus Stein errichteten unteren Ränge und Teilen des Hypogeums

Abbruchkante der verbliebenen Fassade an der Ostseite im Vordergrund. Im Hintergrund ist die westliche Abbruchkante erkennbar

Abbruchkante der verbliebenen Fassade an der Ostseite im Vordergrund. Im Hintergrund ist die westliche Abbruchkante erkennbar

Interessant ist, dass das LEGO Kolosseum eigentlich nur halb so groß ausgeführt wurde, wie das Original. Die Ringmauern wiesen im Original 80 Bögen auf, die im unteren Bogengang als Eingänge dienten. Beim LEGO Modell wurde diese Anzahl halbiert. Dies ist sowohl dem Maßstab der LEGO Steine geschuldet, denn zu feingliedriges Bauen ist aufgrund der festgelegten Größen von LEGO Steinen kaum möglich, während eine tatsächlich originalgetreue Ausführung mit 80 Bögen das Modell nochmals sehr viel größer und damit auch teurer hätte werden lassen. Ein solches um einiges größeres Modell wäre dann auch kaum noch in einem Stück zu transportieren. Und einen geeigneten Platz zum Aufstellen wäre für die meisten Bauherren wohl auch eher schwierig zu finden.

Abgesehen von dieser maßstäblichen Verkleinerung, wurden die markanteren Segmente des Baus im Großen und Ganzen recht gelungen herausgearbeitet. Da es im Kolosseum oftmals vorkommt, dass von einem Pfeiler aus Bögen in alle Richtungen konstruiert wurden, was jedoch mit LEGO Steinen nicht zu bewerkstelligen ist, wurde an solchen Stellen immer wieder Behelfskonstruktionen mit Halbbögen verbaut. 

Bau des LEGO Kolosseums

Nachdem wir nun das echte Kolosseum etwas näher betrachtet haben und auch die Unterschiede zwischen dem Original und dem LEGO Modell, kommen wir nun als nächstes zum eigentlichen Bau des LEGO Kolosseums. Das Modell ist in einer von der Größe her schon beeindruckenden Schachtel verpackt. In dieser Schachtel sind wiederum vier kleinere Schachteln untergebracht. Diese sind mit den Nummern 1 bis 4 versehen, natürlich stilecht mit römischen Zahlen. In diesen Schachteln sind dann wiederum jeweils einer der vier Baupläne und die dazu passenden Teilebeutel enthalten.

Die Bauanleitungen zeigen auf ihrer Titelseite jeweils den Zustand des Modells nach Abschluss des in diesem Buch enthaltenen Bauabschnitts. Auf den ersten paar Seiten sind dann einige Informationen zum Kolosseum und zum vorliegenden Modell enthalten. Die Bauanleitung selbst ist recht detailliert und enthält all die typischen Erleichterungen, die im Laufe der Zeit eingeführt wurden. Zu jeder Nummer sind die benötigten Teile aufgeführt und diese neu hinzugefügten Teile sind auch durch eine rote Umrahmung in der Abbildung des Baufortschritts gut erkennbar. Obwohl insbesondere bei den Tribünen der Bau sehr segmenthaft erfolgt, ist die Nummerierung innerhalb der Bauanleitungen stets durchgängig. Die Zählung beginnt allerdings bei jeder Bauanleitung wieder neu. In der ersten Anleitung gibt es einen größeren Abschnitt, der doppelt bearbeitet werden muss, da das Grundgerüst des Sockels aus zwei identischen Hälften aufgebaut wird. Zählt man diesen Bauabschnitt doppelt, so kommt man für das gesamte Modell auf unglaubliche 2.029 Nummern.

 

Im ersten Bauabschnitt wird nur der Sockel gebaut, wobei er erst im zweiten Bauabschnitt tatsächlich abgeschlossen wird. Anschließend werden dann das Hypogeum und im weiteren die niedrigeren, bereits teilweise abgetragenen, und dann die höheren besser erhaltenen Tribünen errichtet. Zum Abschluss werden dann die dekorativen Bäumchen und Autos vor das Kolosseum gesetzt. 

Die Gründe warum der Sockel so außerordentlich aufwendig konstruiert ist, wurde ja bereits zu einem früheren Zeitpunkt erläutert. Man beginnt die ganze Konstruktion mit 16x16 Steinen mit Löchern an den Seiten in olivgrün. Was schon gleich zu Beginn etwas irritieren kann: Zum einen ist eine Bodenkonstruktion mittels Steinen bislang bei LEGO eher selten und erinnern an die 10x20 Bodensteine wie sie von den 50ern bis in die 70er häufig vorkamen. Allerdings wiesen diese an den Seiten keine Technik Löcher auf. Zum anderen ist auch die Farbe olivgrün eher selten. Auf diese Steine werden dann im inneren die Überreste des Hypogeum und drum herum das Innenleben des Sockels gebaut. Bei der später nicht sichtbaren Innenkonstruktion wird, wie seit einigen Jahren üblich, recht farbenfroh gebaut. Diese bunte Konstruktion wird allerdings vollständig von dunkelgrauen Fliesen überdeckt, sodass man beim fertigen Modell nichts mehr davon sieht. Die olivgrünen Bodenplatten hingegen sind im mittleren Bereich durchaus zu sehen und sollen zusammen mit einigen dunkelgrünen Fliesen den bereits von Gras überwucherten Boden des Hypogeums darstellen.

Die äußere Verpackung des Kolosseums

Die äußere Verpackung des Kolosseums

Die inneren vier Schachteln in der äußeren Schachtel

Die inneren vier Schachteln in der äußeren Schachtel

Bauanleitung Buch 1 bis 4

Bauanleitung Buch 1 bis 4

Kolosseum mit abmontierten hängenden Tribünen

Kolosseum mit abmontierten hängenden Tribünen

Zur linken Seite hin werden die Winkel in denen die einzelnen Segmente zueinander stehen größer um eine ovale Form zu erreichen

Zur linken Seite hin werden die Winkel in denen die einzelnen Segmente zueinander stehen größer um eine ovale Form zu erreichen

Der Bau der Tribünen erfolgt dann in 40 einzelnen Bauabschnitten. Zunächst werden dabei vier Segmente gebaut, die an den Längs- und Schmalseiten jeweils im Abstand von 90 Grad mit dem Sockel verbaut werden. Diese Segmente stellen tatsächlich die einzige Verbindung zwischen dem Sockel und den Tribünen dar. Die weiteren 36 Tribünensegmente werden nur mittels Kugelgelenke mit diesen vier Segmenten verbunden, sind jedoch nicht mit dem Sockel verbaut. Die Kugelgelenke der einzelnen Segmente sind dabei so verbaut, dass jedes Segment so im Winkel zu seinen Nachbarn steht, dass die neun hängenden Segmente die 90° zwischen den beiden fest verbauten Segmenten überbrücken und dabei die ovale Form des Kolosseums möglichst korrekt wiedergeben. Da tatsächlich runde Konstruktionen dieser Art mit LEGO nicht zu bewerkstelligen sind, stellt das Kolosseum also gewissermaßen ein gestrecktes 40-Eck dar. Dies führt dazu, dass die Tribünen auch recht schnell und unkompliziert wieder entfernt werden können. Der Bau der Tribünen ist dabei im Großen und Ganzen nicht besonders schwer. Es muss jedoch beachtet werden, dass sich die einzelnen Segmente aufgrund der Schäden, die das Kolosseum in den knapp 2000 Jahren seines Bestehens erlitten hat, alle mehr oder weniger stark voneinander unterscheiden um den Erhaltungszustand des jeweiligen Bauabschnitts beim Original wiederzugeben. Da das Kolosseum eine ovale Form aufweist, lassen sich auch Unterscheide zwischen den einzelnen Segmenten feststellen, die daher rühren, dass der Rundungswinkel der Segmente zu den kurzen Seiten hin vergrößert werden muss, da bei gleichbleibendem Winkel das Modell kreisförmig würde. 

Draufsicht des fertigen Kolosseums

Draufsicht des fertigen Kolosseums

Der Bau der einzelnen Segmente kann einem zwar nach einer Weile durchaus etwas eintönig erscheinen, allerdings unterscheiden sich aufgrund der unterschiedlichen Erhaltungszustände und der jeweils zu beachtenden Winkel tatsächlich alle Segmente voneinander, sodass es sich hierbei tatsächlich nicht um eine reine Wiederholungsaufgabe handelt. 

Obwohl das Kolosseum über eine beachtliche Größe verfügt, wirkt es im Vergleich zu anderen Modellen, die etwas weniger Teile haben (z.B. Millennium Falke 75192) nicht besonders groß. Hier kommt die Tatsache zum Tragen, dass das Kolosseum einen ungewöhnlich hohen Anteil an Kleinteilen aufweist. So sind beispielsweise allein in beige (tan) 613 Einser-Steinchen (3005) 364 kleine Rundplatten (4073) und 304 Zweier-Platten (3023) verbaut. Durch diese sehr feinteilige Bauweise wird zwar ein hoher Detailierungsgrad erreicht, allerdings wirkt das Modell angesichts seiner Teilezahl von über 9.000 Teilen auch verhältnismäßig klein.

Zusammenfassung

Zum Abschluss möchten wir nun noch eine Zusammenfassung zu diesem Modell geben und auch auf die Frage eingehen, ob sich der Kauf dieses Modells lohnt. Das Modell kostet mittlerweile neu 549,99 €. Gebraucht ist es mit etwas Glück zurzeit noch für unter 400 € zu haben. Wobei der erneute Aufbau eines gebrauchten Modells, wenn es nicht den Tüten entsprechend zurückgebaut wurde, sondern alle Teile auf einem großen Haufen liegen, natürlich etwas aufwendiger ist. Wie üblich beim Kauf gebrauchter Modelle kann natürlich auch der Erhaltungszustand variieren. Der Preis der Einzelteile liegt laut Bricklink bei rund 874,72 € (Stand 12.09.2022), wobei der Großteil des Preises tatsächlich allein durch die schiere Masse an sich günstiger Teile zustande kommt und es keine eklatanten preislichen Ausreißer gibt. Die teuersten Einzelteile sind die olivgrünen Bodensteine mit einem Preis von je 3,56 €.

Ein sehr erfreulicher Aspekt ist der vollständige Verzicht auf Aufkleber. Das ganze Modell ist ein reines Schaustück. Da auch beige Steine unter starker Sonneneinwirkung nachdunkeln, ist auf jeden Fall ein schattiger Platz zum Aufstellen zu empfehlen um den Werterhalt zu sichern. Das Motiv, dieses Modell zu besitzen um das größte LEGO-Modell sein eigen nennen zu können, ist hingegen inzwischen überholt, da LEGO in der Zwischenzeit seinen eigenen Rekord schon wieder gebrochen hat.

Der Aufbau des Modells wird dadurch vereinfacht, dass keine beweglichen Teile enthalten sind. Somit kann man kaum Fehler machen, welche die Funktionalität beeinträchtigen. Die Bauanleitung ist, wie heutzutage üblich, sehr detailliert. Insbesondere bei LEGO-Modelle aus den 60er und 70er Jahren war oft auch noch die eigene Denkleistung bei der Interpretation der Pläne gefragt. Durch die Aufteilung des Modells in etliche kleine Tüten entfällt auch weitgehend das Suchen nach den richtigen Teilen, sodass der Aufbau recht flott vonstatten geht. Auch wenn die Tribünensegmente sich alle unterscheiden, so baut man doch 40 ähnliche Bauabschnitte hintereinander, was zugegebenermaßen nach einer Weile etwas monoton wird.

Das Colosseum ist als Vitrinenmodell konzipiert und lohnt sich vor allem für erwachsene LEGO Fans, die Freude am reinen bauen haben und sich auch für die Geschichte und Architektur des alte Roms begeistern können. Als Kinderspielzeug ist das Modell kaum geeignet: Zum einen sind keinerlei Spielfunktionen enthalten, zum anderen ist die Konstruktion mit den nur an Kugelgelenken befestigten hängenden Tribünen und dem detailverliebten Zierrat in seiner Stabilität auch nicht zum spielen ausgelegt. Zusammenfassend kann man sagen: Es lohnt sich, dieses herausfordernde Modell zu bauen und anschließend einen schönen Platz dafür zu suchen, um sich an seinem Anblick zu erfreuen, sich für die Geduld und das überragende Baugeschick loben zu lassen und Freunde und Bekannte mit mehr oder weniger stark ausgeprägten Interesse an Geschichte oder Architektur anhand des Modells mit Erläuterungen über die baulichen Besonderheiten erfreuen.

Die Wertenwicklung ist schwierig zu bestimmen, da das Modell nach wie vor neu verkauft wird. Da keine Minifiguren und kaum seltene oder einmalige Teile verbaut sind, die für sich allein einen erheblichen Sammlerwert entwickeln, kann man davon ausgehen, dass das Kolosseum auch in Zukunft entweder vollständig verkauft, oder aber von Händlern in die Einzelteile zerlegt wird, was bei der momentanen Preissituation durchaus rentabel erscheint.

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